SchülerInnen lernen Politik
Erste BV-Sitzung im Rahmen des regulären Unterrichts
WorringenPur im Gespräch mit der Bezirksbürgermeisterin Wittsack-Junge

Erstmalig fand eine Sitzung der Bezirksvertretung Chorweiler für Schülerinnen und Schüler der Schulen des Stadtbezirks statt. Hierzu hatten die Mitglieder der Bezirksvertretung und Bezirksbürgermeisterin Wittsack-Junge eingeladen.

WPur: Frau Wittsack-Junge, welche und wie viele Schulen und Klassen wurden angeschrieben und wie viele davon haben zugesagt? Wie alt waren die jüngsten Teilnehmer?
Wittsack-Junge:
Wir haben bereits vor den Sommerferien alle Schulen im Stadtbezirk angeschrieben. Gemeinsam mit der Jugendpflegerin Frau Zuber-Goljuie und Frau Bönig, die die „ Rathausschule“  organisiert, haben wir mit Lehrkräften von einigen Schulen ein Vorgespräch geführt, um die Interessenlage der Schulen zu erkunden. Zur Sitzung kamen dann die KGS An den Kaulen, die KGS Lebensbaumweg, die Henry-Ford-Realschule, das Heinrich-Mann-Gymnasium und das Gymnasium Pesch. Insgesamt besuchten ca. 160 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften die Sitzung. Die jüngsten Teilnehmer waren die Schülerinnen der 4. Klasse der Grundschulen, also 9 oder 10 Jahre alt.

WPur: Wie und wann entstand die Idee, so junge Menschen an der Politik der unmittelbaren Umgebung teilhaben zu lassen?
Wittsack-Junge:
2011 wurde auf einem gemeinsamen Antrag von CDU und Grünen in der Bezirksvertretung beschlossen, Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, eine Sitzung der Bezirksvertretung aus eigener Anschauung kennen zu lernen.  Damit dies im Rahmen des Unterrichts geschehen kann, wurde die Sitzung in den Vormittag gelegt.

WPur: Gab es nicht Bedenken bezüglich möglicher Unruhe angesichts so vieler junger Teilnehmer in der Altersgruppe?
Wittsack-Junge:
Natürlich gab es solche Bedenken im Vorfeld, aber wir haben durch die frühzeitige Information der Lehrkräfte etwa durch Zusenden der Tagesordnung und durch klare Platzreservierungen für die einzelnen Klassen für eine gute Organisation gesorgt und die Schülerinnen und Schüler haben sich sehr interessiert und diszipliniert verhalten, so dass die Sitzung prima verlief. Hier kann ich nur sagen, die Kinder und Jugendlichen waren super und die Lehrerinnen und Lehrer haben sie prima vorbereitet!

WPur: Konnten die Schüler aktiv teilnehmen, auch Themen vorgeben oder gar mit beschließen?
Wittsack-Junge:
Die Sitzung am 13.9. war erst einmal „Anschauungsmaterial“, jetzt geht es darum, dass die Schülerinnen und Schüler eine eigenständige Bezirksvertretungssitzung – und zwar jeweils eine auf der Primar- bzw. auf der Sekundarstufe -  entwickeln sollen. Die Schülerbezirksvertretungssitzung kann dann im Großen Bürgersaal – genau wie die „richtige“ Bezirksvertretungssitzung – stattfinden. Die Ergebnisse sollen  im Anschluss in der Bezirksvertretungssitzung der Erwachsenen beraten  und ggfs. umgesetzt werden. Unterstützung bekommen die Schulen von der Jugendverwaltung und  auch ich habe weitere Unterstützung zugesagt. Jetzt liegt es an den Schulen eine Schülerbezirksvertretungssitzung auf die Beine zu stellen, dann darf man auch gespannt sein, welche Beschlüsse dort gefasst werden.

WPur: Ab welchem Alter können und dürfen Kinder bzw. Jugendliche sich ernsthaft politisch engagieren? Welche Möglichkeiten haben sie einen politischen Weg einzuschlagen?
Wittsack-Junge: Ich glaube, dass das 4. Schuljahr schon gute Voraussetzungen bietet. Kinder im Alter von 9 oder 10 Jahren fangen an, ernsthafte politische Vorstellungen zu entwickeln und wir versuchen ja gerade über Themen, die im ganz persönlichen Lebensumfeld angesiedelt sind, das Interesse an Politik zu wecken. In der Bezirksvertretung beschäftigen wir uns  vor allem mit ganz konkreten  Problemen aus dem täglichen Leben der Kinder und Jugendlichen wie Verkehrssicherheit auf dem Schulweg, Bus oder S-Bahnverbindungen oder Spielplätzen etc. Hier möchten wir gerne auch auf Anregungen der Jugendlichen zurückgreifen. Diese sollen in einer Schülerbezirksvertretungssitzung entwickelt und an uns weitergegeben werden.

WPur: Sollten Kinder und Jugendliche sich möglichst früh politisch engagieren?
Wittsack-Junge: Ich glaube schon, dass man Kindern und Jugendlichen frühzeitig  die Gelegenheit geben sollte, sich mit Politik auseinanderzusetzen, denn unsere Demokratie lebt davon, dass sich möglichst viele Menschen aktiv beteiligen und die Mitwirkungsmöglichkeiten nutzen. Nur wer sich engagiert, hat die Möglichkeit auch etwas zu verändern!

WPur: Besteht dabei nicht die Gefahr, dass Kinder (von ihren Eltern) für politische Themen instrumentalisiert werden?
Wittsack-Junge: Diese Gefahr ist in allen Bereichen gegeben, aber daher halte ich ja auch solche Angebote wie die Bezirksvertretungssitzung für Schulen für  so wichtig, da hier i.R. des Unterrichts kompetent und handlungsorientiert Politik den Kindern und Jugendlichen näher gebracht werden kann.

WPur: Wie können Eltern bzw. Erwachsene ihre Kinder für politische Themen sensibilisieren, sie ggfs. dabei unterstützen?
Wittsack-Junge: Man kann ja mit den Kindern gemeinsam Nachrichten lesen oder im Fernsehen angucken. Es gibt sowohl in den Tageszeitungen als auch im Fernsehen kindgerechte Formate, in denen vieles einfach erklärt wird. Wenn Eltern allerdings desinteressiert sind, werden die Kinder auch nur schwer Interesse an Politik entwickeln. Hier ist dann die Schule gefragt, aber deren Möglichkeiten sind nicht unendlich.

WPur: Wie war die Resonanz der Schüler und wie die der Bezirksvertreter?
Wittsack-Junge: Aus den Rückmeldungen habe ich erfahren, dass nicht alle behandelten Themen für die Kinder und Jugendlichen von Bedeutung waren, interessiert waren sie vor allem am Thema ÖPNV. Aus der 4. Klasse der KGS An den Kaulen kamen auch noch Fragen etwa zu einem Punkt des Stadtverschönerungsprogramms – der Bepflanzung des Lärmschutzwalls an der St. Tönnis-Str.

Die Mitglieder der Bezirksvertretung waren sehr angetan von den Schülerinnen und Schülern und ich glaube, das Ganze macht Mut für eine Neuauflage im nächsten Jahr.

WPur: Wie oft finden diese Kinder- und Jugendbezirksvertretungssitzungen im Jahr denn statt und werden bei Interesse der Schulen mehr Sitzungen dieser Art möglich sein?
Wittsack-Junge: Die Bezirksvertretung hat bereits beschlossen, einmal im Jahr eine solche Sitzung durchzuführen und ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr wieder so eine gute Resonanz bei den Schulen haben.

WPur: Frau Wittsack-Junge, vielen Dank für das Interview.



WorringenPur.de/01.10.2012
Redakt. & digit. Bearbeitung:
Heike Matschkowski