Geplaudert
Zu Gast beim zukünftigen Karnevalsprinzen


„Noch 90 Tage bis Rosenmontag“, so Manfred und Astrid Pesch, die die verbleibenden Tage bis Karneval am Maßband abschneiden. Sie fiebern der Karnevalsession 2005/2006 als künftiges Prinzenpaar freudig entgegen. …
Als sie mich zum Interviewtermin empfangen, fühle ich mich gleich wie Zuhause. Im Esszimmer sitzen am runden Tisch bei selbstgebackenem Lebkuchen (schleck), gut riechendem Kaffee und Kerzenschein Manfred und Astrid Pesch mit ihren Kindern Sarah (14) und Kevin (16) - es fällt schwer den Übergang zum üblichen Kurzinterview zu finden, wenn einen so angenehme Dinge ablenken.  Nach dem 2. „Koffeeinstoß“ kommen wir doch zum Wesentlichen.

HM
“Was waren Ihre ersten Gedanken nach der Wahl zum Prinzenanwärter?“

MP
“Mein erster Gedanke war, „schön, dass ich gewählt wurde“ und der zweite war die  Vorfreude auf die Dinge, die da kommen, auf die Leute zugehen zu dürfen, um zu fragen, ob sie mich in meinem Prinzenjahr begleiten möchten. Gerade das war eine sehr, sehr herzliche Sache und ich war sehr glücklich darüber, dass die betreffenden Personen spontan zugesagt haben. Schließlich sind meine Hofdamen alle verheiratet und haben Kinder, sodass das Babysitten gut organisiert sein muss.“

HM
“Wie reagierte Ihre Familie und Bekannte darauf?“

MP
“Meine Familie konnte nicht reagieren, weil die wusste, dass ich mich bewerben würde, das war schon vorher ein Familienentschluss – ein Prinzenjahr ist immer ein Familienentschluss, weil man alleine so eine Sache nicht durchziehen kann. Wenn eines meiner Kinder gesagt hätte, ich möchte das nicht, hätte ich mich auch nicht beworben.“

HM
“Welche Hobbys haben Sie und werden diese für die Karnevalszeit zurückstehen müssen?“

MP
“Mit Sicherheit! Meine Hobbys sind gemütlich Fahrrad fahren, also kein Leistungssport. Entspannung suche ich in der Sauna und mein Lieblingsurlaubsort ist Ostfriesland; das ist nicht allzu weit weg, man ist schnell da – das passt!

HM
“Was wird Sie von Ihren Amtsvorgängern - außer dass Sie aus Dormagen stammen – unterscheiden?“

MP
“Das ist eine schwere Frage! Auf jeden Fall …“ (Gelächter aus den hinteren Reihen) EINE WEIBLICHE STIMME AUS DEM HINTERGRUND ANTWORTET:  „… die Haare“ …  „und die Farben“, vollendet Manfred Pesch lachend.

HM
“Wenn Sie Wünsche statt Kamelle werfen könnten, was würden Sie in diesen politisch wie auch wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Menschen zuwerfen wollen?“

MP
“Ich würde viele Karten verteilen wie z. B.: Bitte gehen Sie ins Gefängnis – Gehen Sie nicht über Los. Und diese Karten gingen an alle Aktionäre, weil unsere wirtschaftliche Situation meiner Meinung nach ein Monopolyspiel unserer Aktionäre ist. Wenn es so ist, dass alle großen Firmen, die trotz ihrer Gewinne, wenn sie auch nicht so ausfielen wie sonst, immer wieder Stellen abbauen und woanders wieder aufbauen, sprich im europäischen Osten, dann denke ich mir, da kann was nicht stimmen! Diese Karten würde ich verteilen. Jede große Firma, jedes Unternehmen hat seinen Sitz in Amerika, und wo der Sitz in Amerika ist, da brodelt’s. 1500 Arbeitsplätze beim Ford, über Siemens brauchen wir gar nicht reden usw.“
An mein närrisches Volk würde ich außer Gesundheit noch ein riesiges Paket an „mal den Alltag vergessen“, „mal spontan feiern, ohne Angst zu haben, dass anschließend irgendwelche Gruppen randalieren oder provozieren“ zuwerfen.

HM
“Welche Automarke fahren Sie?“

MP (lachend)
“Ford“

HM
“Wie entstand das Prinzenmotto?“

MP
“Ich bin ein leidenschaftlicher Handwerker, also musste ich irgend etwas mit dem Handwerk machen. Wenn man sich im Worringer Karneval mal umsieht, sieht man, dass alles in den Vereinen selbst gemacht wird: Texte, Noten, Kostüme, Wagen, Sitzungen – übrigens Hut ab vor der Jugend, die bei der letzten Sitzung ihr Können bewies.“

HM
“Wie ist diese große, reibungslose Organisation zu erklären?”

MP
“Ein Prinzenjahr muss man vergleichen mit einem mechanischem Uhrwerk. Da sind viele kleine Zahnräder und eine Feder und so bald diese gespannt ist, laufen alle Räder. Und wenn eines hängt, bleibt auch die Uhr stehen. Ich bin einfach begeistert davon, wieviele Grielächer und auch meine Verwandten und Bekannten für dieses Prinzenjahr in einem stillen Kämmerlein arbeiten. Ein Beispiel: Erst kürzlich wurde ich mit den Worten “vielen Dank für die Einladung” angesprochen. Das konnten nur die hunderte von Karten sein, für die sich jemand wahnsinnig viel Arbeit gemacht hat, sie rechtzeitg für uns zu verteilen. Ich war sehr überrascht, dass alles so schnell geht. Es wird einfach sehr, sehr viel getan und man ist auch nicht vor Überraschungen gefeiht. Für Überraschungen braucht man natürlich Leute, die beim Duschen Ideen haben - das ist bei uns der Präsident Horst Renner - und der scheint derzeit oft zu Duschen. Wir rätseln noch, ob es an dem Zusammenspiel zwischen heißem und kaltem Wasser liegt, dass ihm die Ideen nicht ausgehen (lautes Gelächter - Herr Renner ist ebenfalls zum Interview anwesend).
AP
“Die Vorbereitung auf so ein Prinzenjahr braucht Spontanität und Flexibilität. Ich habe oft gedacht, von der Masse der Arbeit her, könnten wir das alles gar nicht alleine bewerkstelligen. Wir sind vom Typ her auch Leute, die mal eine Fünf gerade sein lassen können. Gerade für den Karneval finde ich das enorm wichtig. Aber du brauchst genauso die Leute im Hintergrund, die 250%ig sind und die Organisation fest im Griff haben. Allein die Vorbereitung dauert bis zu zwei Jahre - das glaubt uns kein Mensch. “”

HM
“Astrid, dürfen wir die Hoffnung haben, dass Sie als Stümpchen auch in diesem Jahr auf der Bühne zu sehen sein werden?”

AP
“Geplant ist im Moment überhaupt nichts, aber es ist schon reizvoll (lacht). Die Gedanken sind natürlich da, aber ich zweifle daran, ob das terminlich überhaupt umsetzbar wäre. Unser höchstes Gut sind im Moment Zeit und Gesundheit - und wir hoffen, dass beides mitspielt.”

HM
“Wie würden Sie sich wünschen, den Worringern später als Karnevalsprinz in Erinnerung zu bleiben?“

MP
“Frisch, fromm, fröhlich, frei. Ich bin ein Mensch, der gerne aus dem Herzen und aus dem Bauch heraus agiert.“

Während ich zum Schluß versuche Astrid Pesch das Rezept für den Lebkuchen zu entlocken, bereitet Tochter Sarah sich schon auf das gleich stattfindende Tanztraining der Grielächer vor. “Was bei uns in Worringen der Karneval ist, ist für meine Schulkameraden in Knechtsteden das Schützenfest. Einige sind neugierig geworden und wollen sich das ganze nun doch mal anschauen. Meine früheren Klassenkameraden aus Worringen freuen sich eigentlich alle schon darauf”, so die 14jährige Gymnasiastin. Bruder Kevin nickt eifrig; er hat ähnliche Erfahrungen auf seiner Arbeitsstelle gemacht. Seine Kameraden haben versprochen bei einer der offen Veranstaltungen im Vereinshaus einmal mit ihm zu feiern. Derzeit wird der 16jährige von der Bayer AG zum Chemikanten ausgebildet. Die ganze Familie hofft, dass er von seiner Abteilung den für die Karnevalstage benötigen Urlaub erhält - denn was ist schon ein Prinzenwagen ohne die vollständige Prinzenfamilie?


WorringenPur.de/05.12.2005
Interview und Fotos: Heike Matschkowski